Experto.de – 12/2015

Trendsport Bossaball: Nischenprodukt oder kommender Strandklassiker?

Wir alle haben unsere persönliche Lieblingssportart. Dem einen geht nichts über das Ligaspiel mit den Kumpels im dörflichen Fußballverein, andere checken schon ab September nervös die Schneehöhen der liebsten Skipiste. Wieder andere wollen aber nicht auf ausgetretenen Pfaden wandeln und erschaffen sich ihre eigene Sportart.

Bei den meisten bleibt es bei einem einmaligen Gag, andere schieben mit ihrer Idee eine echte Bewegung an. Einer der letztgenannten ist der gebürtige Belgier Filip Eyckmans.

Mitte der 90er war Eyckmans Manager einiger Dancefloor-Pop-Gruppen. Auf Brasilien-Tournee, mit einer von ihnen, erfasste ihn die Leidenschaft für die Kampfsportart Capoeira. Diese Kunst, die auch oft als “Kampftanz” bezeichnet wird, entstand im 18. Jahrhundert aus der Mischung diverser Volkstänze, die von afrikanischen Sklaven mit nach Brasilien gebracht wurden. Was wäre, wenn man Capoeira, die passende Musik sowie den brasilianischen Nationalsport Fußball kombinieren könnte? Das fragte sich Eyckmans, fand aber keine zufriedenstellende Lösung.

Zurück in seiner Wahlheimat Spanien und einige Jahre später fielen Eyckmans die immer zahlreicher werdenden Beachvolleyball-Netze an den Stränden und die Benji-Trampoline in den Einkaufszentren auf. Das sorgte für den Geistesblitz: Eine Mischung aus Capoeira-Bewegungen, Fußball, kombiniert mit Musik und gespielt auf einer Art gepolsterter “Volleyball-Hüpfburg”, für den anstoßenden Spieler zudem ein Trampolin – Bossaball war geboren. Zu diesem Namen kam der Belgier übrigens mit Blick auf die Musikart Bossa-Nova, was übersetzt “Neue Welle” bedeutet. Wer sich ein Spiel live oder im Web anschaut, erkennt die Parallelen direkt.

Zugegeben, die Mischung klingt auf dem Papier erst mal sehr willkürlich zusammengestellt, erschließt sich aber schnell, sobald man die Eckdaten versteht. Das Spielfeld besteht aus einem 18×14 Meter messenden Luftkissen. In der Mitte teilt ein Volleyballnetz das Feld in zwei Zonen. Mittig vor dem Netz steht auf jeder Seite ein 3,45 Meter durchmessendes Trampolin (hier grün) umgeben vom sogenannten Bossawall (rot). Zwei Mannschaften zu je drei bis fünf Spielern stehen sich gegenüber. Je einer von ihnen steht als Aufschläger auf dem Trampolin. Er tritt oder wirft den Ball in die Luft und versucht dann anschließend, den Ball via Tritt oder Schlag in die gegnerische Hälfte (Blau) zu befördern. Die gegnerischen Spieler versuchen, den Ball davon abzuhalten, Boden, Bossawall oder Trampolin zu berühren und ihn mit maximal fünf Kontakten wieder zurück zu befördern. Dabei stehen die genutzten Körperteile frei. Beim Soccer Touch darf der Ball zweimal mit den gleichen Körperteilen wie beim Fußball berührt werden – er gilt grundsätzlich als ein Ballkontakt. Beim Volley Touch dürfen hingegen auch die Hände für klassische Volleyball-Techniken zum Einsatz kommen. Allerdings pro Spieler nur eine Berührung.

Wer Punkte bekommt, das entscheiden die Regeln: Wird der Ball per Volley Touch über das Netz befördert und landet auf dem Spielfeld, gibt es einen Punkt. Trifft er hingegen das gegnerische Trampolin, sind drei Punkte fällig. Setzen die Spieler den schwierigeren Soccer Touch ein, steigen auch die Punktechancen:

Fürs Spielfeld gibt es dann drei, bei Landung auf dem Trampolin gleich fünf Punkte. Gewonnen hat die Mannschaft, die als erstes 25 Punkte erzielt. Während des Spiels darf immer nur jeweils ein Spieler das Trampolin berühren. Auch ist er der einzige, der mit dem Netz in Kontakt kommen darf – solange er nicht daran zieht – den Feldspielern ist das untersagt. So einzigartig wie dieses Spiel selbst, ist auch die Rolle des Schiedsrichters. Beim Bossaball wird erSamba Referee genannt und hat gleich mehrere Funktionen inne. Zum einen fungiert er als klassischer Unparteiischer, der den Spielablauf und die Einhaltung der Regeln überwacht. Zum anderen aber ist der Samba Referee auch ein DJ, der mit Mikrofon und Mischpult nicht nur die Zuschauer anheizen soll, sondern durch das Auflegen von heißen Samba-Rhythmen auch für Takt bei den Spielern zu sorgen hat.

Sind die Regeln einmal verinnerlicht, kann man Bossaball durchaus als scharfen Konkurrent zum klassischen Beachvolleyball ansehen. Herrscht bei diesem Sport wegen des sandigen Untergrundes schon ein geringes Verletzungsrisiko, so minimiert die Bossaball-Hüpfburg diese Risiken noch einmal deutlich. Dadurch, dass jeder Spieler auf federndem Untergrund steht, sind zudem ganz andere Techniken als beim klassischen Volleyball möglich. Zudem macht die Mischung mit der, für europäische Ohren exotischen, Musik den Sport reizvoll, weil sie hier nicht nur Fan-Stimmung produziert, sondern dem Spiel einen integralen Takt vorgibt. Das sahen bis heute auch viele Leute abseits von Spanien so. Neben Portugal, das allein schon aus geographischen Gründen häufig erste “Filiale” für spanische Trends wird, existiert auch in Holland bereits ein Dachverband. Und in der Heimat des Capoeira, Brasilien, findet sich mittlerweile kaum ein Strandort zwischen Fortaleza und Porto Alegre, an dem nicht mindestens ein Bossaball-Feld steht. Die Weltkarte auf der Homepage des Welt-Bossaball-Verbandes füllt sich langsam aber sicher. Erste Clubs gibt es bereits auch in Italien, Saudi-Arabien und sogar in Singapur. Bossaball wird vielleicht nicht bei den olympischen Sommerspielen Beachvolleyball ablösen, aber als spaßige und bewegungsaktive Alternative ist es mehr als tauglich.

Quelle: experto.de

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Artikel vom 01. Dezember 2015 von Patricia Sparacio auf experto.de. Mit mehr als 60.000 Artikeln ist experto.de eines der größten deutschsprachigen Online-Expertenportale! Im Bereich Sport wurde im Dezember ein umfangreicher Artikel über die Sportart Bossaball veröffentlicht.